
Gelungene Neuinszenierung: Tanz der Vampire in St. Gallen
Als Roman Polanskis „Tanz der Vampire“ im Jahr 1997 Uraufführung am Raimundtheater Wien feierte, hat wohl niemand geahnt, dass dieses Musical seine Besucher gleichermassen fasziniert und spaltet. Seitdem wurde das Musical bereits in vielen europäischen Ländern sowie in Japan und Amerika aufgeführt. Das Theater St. Gallen wagte sich nun an eine Neuinszenierung und verleiht dem Stück einen modernen Touch.
Alfred ist der ängstliche Student von Professor Abronsius. Gemeinsam befinden sie sich auf Forschungsreise im winterlichen Transsilvanien, bei welcher Abronsius seine Theorien über Vampire beweisen will. Völlig festgefroren findet Alfred den Professor und trägt ihn zum einem nahegelegen Sanatorium. Hier stossen die beiden auf einen ersten Hinweis auf Vampire – Knoblauch.
Basierend auf dem gleichnamigen Film von Polanski stammt das Buch des Musicals aus der Feder von Michael Kunze und die Musik von Jim Steinman. Bei der Musik bedient sich Steinman einiger seiner Songs. Der bekannteste ist hier „Total Eclipse of the Heart“, 1983 von Bonnie Tyler interpretiert, welcher im Stück „Totale Finsternis“ heisst. Der Musikalische Leiter Robert Paul dirigiert die Tanz der Vampire Band schwungvoll durch Steinmans eingängige rockig poppige Melodien (Orchestrierung: Michael Reed), die ausgezeichnet zu dem Stück passen.

Ulrich Wiggers Inszenierung haucht dem Stück neues Leben ein. Ihm ist es gelungen die Handlung in das heute zu transferieren, ohne das gestern zu vergessen. Während Texte und Musik geblieben sind, weilen die Vampire nicht mehr nur unter sich, sondern befinden sich mitten unter den Menschen – Tageslicht stellt für sie kein Problem mehr da. Wiggers versteht es auf wunderbare Weise Spannung, Kitsch und Grusel zu einer romantisch schaurigen Komödie zu vermischen. Das dies so reibungslos gelingt ist auch der temporeichen Choreographie von Jonathan Huor und des bemerkenswert agierenden Tanzensembles zu verdanken.
Hans Kudlich hat eine Bühne geschaffen, die vielschichtig bespielt werden kann. Im Sanatorium befinden sich das Gästezimmer des Professors, das Badezimmer und Sarahs Zimmer in einem rechteckigen hochfahrenden Kasten. Zwischen zwei in die Tiefe führende Treppen kann zwischen den Räumlichkeiten gewechselt werden. Seitlich der Bühne werden die beiden hohen Plattformen als Nebenschauplatz ebenfalls sinnvoll ins Geschehen mit einbezogen. Ins rechte Licht werden Bühne, Szenen sowie Darsteller von Michael Grundner gerückt, welches den Gruselfaktor wirkungsvoll unterstreicht. Den modernen Touch dieser Neuinszenierung unterstreicht Franz Blumauer zusätzlich mit seinen Kostümen. Statt barocken Puffhemden und modrigen Ballkleidern unterstreichen Jeans, Mützen, Lack, Leder und Samt die Modernität des Stücks.

Graf von Krolock hat vom ewigen Leben genug und leidet unter seiner sich nie stillenden Gier nach Blut. Thomas Borchert, der die Rolle bereits mehrfach verkörpert hat, verleiht seinem Grafen ein melancholisch dämonisches Spiel. Ausdrucksstark unterstreicht er seine Darstellung mit den wechselnden Facetten seiner Stimme. Die ideale Ergänzung ist Mercedesz Csampai als Sarah, die aus ihrem Leben ebenso ausbrechen will wie Krolock. Csampai hat eine starke Bühnenpräsenz, punktet mit ihrer hellen strahlenden Stimme. Der schüchterne und über beide Ohren in Sarah verliebte Assistent von Professor Abronsius Alfred wird überzeugend von Tobias Bieri dargestellt. Herrlich amüsant gestalteten sich die Situationen als Alfred auf Herbert, den homosexuellen Sohn des Grafen, trifft. Christian Funk verleiht seiner Figur Herbert die passende Balance, ohne die homosexuellen Züge übertrieben auf die Spitze zu treiben.

Als skurril komische Figur agiert Sebastian Brandmeir als Professor Abronsius, der mit atemberaubender Geschwindigkeit die Existenz diverser Philosophen und deren Bücher lobt. Chagal (Jerzy Jeszke) kann, sehr zum Missfallen seiner Frau Rebecca (Anja Wessel), nicht die Finger von Magda (Sanne Mieloo) lassen – diese findet die Belästigungen mehr als nervig. Als Vampire können die beiden nicht die Finger voneinander lassen, sehr zum Missfallen von Koukol (Thomas Huber), dem Diener Krolocks. Das Vierer-Gespann sorgt während des Stücks für jede Menge Situationskomik und verbucht den einen oder anderen unterhaltsamen Moment für sich.
Welche Version von „Tanz der Vampire“ einem mehr zusagt, liegt im Auge des Betrachters. Diese Version ist absolut gelungen und rundherum auf den Punkt gebracht. Quittiert wird das Ganze mit frenetisch langanhaltendem Applaus und Standing Ovation des Premierenpublikums.